Die schönsten Fotos sind die, die ich nicht geschossen habe, die in meiner Erinnerung bleiben, weil ich den Auslöser nicht rechtzeitig gedrückt habe. Der Vorteil dieser Fotos ist, dass sie in der Phantasie immer schöner werden und dadurch bleiben, während andere Fotos vergänglich werden und durch modische Trends ausgetauscht werden. Die digitale Bildbearbeitung schafft zudem Ansichten, die sich immer weiter weg von der tatsächlichen Wahrnehmung entfernen und unwirklich, manchmal auch kitschig werden.

Ich präsentiere meine Fotos so, wie ich sie gesehen habe als ich auf den Auslöser drückte. Der Bildausschnitt ändert sich, damit das Gesehene "auf den Punkt kommt". Gelegentlich mal etwas mehr Kontrast, mal in der Belichtung etwas nachgearbeitet, aber im Großen und Ganzen so, wie mein Blick sie vorfand und wie mein Klick sie festgehalten hat. 

Google beantwortet die  Anfrage nach „Lichtblick“ unter Verweis auf Oxford Languages mit „Licht·blick /ˈlɪçtblɪk,Líchtblick /Substantiv, maskulin [der]: erfreuliches Ereignis, erfreuliche Aussicht während eines sonst eintönigen oder trostlosen Zustandes "der Feiertag ist ein Lichtblick, der einzige Lichtblick" Infolgedessen habe ich mich mit dem diesjährigen Thema LICHTBLICKE aus verschiedenen Gründen intensiver auseinander gesetzt:

1.       Der Begriff wird an anderer Stelle auch als „kurzes Leuchten der Sonne“ beschrieben, hat in den Wurzeln seiner Bedeutung aber allgemein weder etwas mit Licht noch mit Blick oder mit Blicken zu tun.

2.       Das Thema des Wettbewerbs lautet „Lichtblicke“ ist also im Plural gesetzt, das heißt verbunden mit dem Schwierigkeitsgrad, in einem Werk mehrere Lichtblicke darzustellen. Das ist keine kausale Aufgabe. Ein einzelner Lichtblick wäre – in Anlehnung an die allgemeine Definition – ein einzelnes frohes Ereignis.

3.       Die künstlerische Freiheit lässt natürlich eine freie Auslegung des Begriffs zu, der Reiz dieses Themas lag für mich aber darin, mich möglichst nahe an der begrifflichen Definition zu orientieren und schürte bei mir vor allem den Ehrgeiz der Darstellung des Plurals. Und schon früh hatte ich die Idee zu einem Werk, das neugierig macht, aber wenig preisgibt.

4.       Mehrere Lichtblicke ereignen sich nicht unbedingt zeitgleich oder zeitnah. Zwischen zwei Lichtblicken können Wochen, Monate oder Jahre vergehen.

5.       Ein Lichtblick ist meist etwas ganz persönliches und nicht ohne weiteres reproduzierbar oder übertragbar. Nicht jeder kann oder will seinen Lichtblicke mit anderen teilen und ist daher nicht unbedingt für eine künstlerische Auseinandersetzung oder einen Wettbewerb geeignet.

Mit diesen Gedanken habe ich mich für ein sehr stilles und sehr privates Herangehen an das Thema Lichtblicke entschlossen:

Eine kleine Anzahl von Fotoalben, die ein ganzes Leben voller fotografisch festgehaltener Lichtblicke beinhaltet. Es ist ein sehr privater Fundus von Lichtblicken, die das Leben erhellten, die den Alltag unterbrachen. Sind es Urlaube, Familienfeiern, Kindergeburten, Taufen, Geburtstage , Ausflüge? Wir wissen es in diesem Falle nicht. Die Alben sind mit einem Band verschnürt wie ein Paket, denn diese sehr privaten Lichtblicke sollen dem Betrachter nicht preisgegeben werden.

Sie waren ihm wichtig, denn er hat sie hier in dieser Weise zusammengefasst und aufbewahrt, weil sie es ihm wert waren und ihn vielleicht auch ein wenig geprägt und geformt haben.

Sie sollen privat bleiben. Das kleine Paket ist verschnürt und so soll es auch bleiben.

Wir wissen nichts über diesen Menschen und daran soll sich nichts ändern, ob wir den Inhalt nun kennen oder nicht.

Vergänglich ist „Ein Leben voller Lichtblicke“.